Was bedeutet Digitalisierung in der Pflege?
Die Digitalisierung in der Pflege bedeutet, digitale oder elektronische Technologien einzusetzen, um Pflegearbeiten zu erleichtern und effizienter zu machen. Dies umfasst eine Vielzahl von Maßnahmen, die von der Implementierung spezialisierter Pflege-Apps über die Nutzung der elektronischen Patientenakte (ePA) hin zum Bild Einsatz fortschrittlicher Pflegeroboter reichen.
Chancen: Warum ist die Digitalisierung in der Pflege notwendig?
Der Pflegenotstand stellt unser Gesundheitswesen – verstärkt durch den demografischen Wandel – vor große Herausforderungen. Lösungen müssen her und das dringend. Digitale Technologien bieten nicht nur das Potenzial, Arbeitsabläufe zu optimieren, sondern auch die Qualität der Pflege zu verbessern.
- Personalmangel entgegenwirken: Angesichts des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels helfen digitale Lösungen, den Arbeitsalltag zu entzerren und effizienter zu gestalten.
- Mehr Zeit für gute Pflege: Technische Assistenzsysteme und digitale Dokumentationslösungen nehmen Pflegekräften Routineaufgaben ab, wodurch mehr Zeit für die direkte Patientenbetreuung bleibt.
- Entlastung von Pflegenden: Digitale Hilfsmittel wie Sensormatten oder Erinnerungsgeräte für die Medikamenteneinnahme entlasten sowohl professionelle Pflegekräfte als auch pflegende Angehörige.
- Selbstständigkeit der Pflegebedürftigen: Technologien wie Telecare, Wearables und tragbare Notrufsysteme mit Sturzsensoren ermöglichen Pflegebedürftigen ein längeres, selbstbestimmtes Leben im eigenen Haushalt.
- Wissenstransfer: Digitalisierung ermöglicht einen schnelleren Zugriff auf aktuelles Wissen und Patientendaten.
- Prävention: Digitale Technologien können dazu beitragen, Stürze, Dekubitus oder Fehlernährung zu vermeiden.
- Attraktivität des Pflegeberufs: Der Einsatz von IT in der Pflege kann den (Ausbildungs-) Beruf, insbesondere für jüngere Menschen, attraktiver machen.
- Integration von ausländischen Fachkräften: Um als Zuwanderungsland attraktiv für Fachkräfte zu sein und zu bleiben, ist ein Anschluss an den digitalen Fortschritt zwingend notwendig. Digitalisierung bietet auch Chancen, ausländische Fachkräfte schneller in den Arbeitsmarkt zu integrieren, z. B. durch sprachgesteuerte Dokumentationssysteme und digitale Lernangebote.
Welche Herausforderungen bringt die Digitalisierung in der Pflege?
Die Digitalisierung im Bereich der Pflege bringt jedoch auch eine Reihe von Herausforderungen mit sich.
- Datenschutz: Hohe Datenschutzstandards sind entscheidend, um den Missbrauch von Daten und eine Stilllegung der medizinischen Infrastruktur zu verhindern. Dies erfordert Investitionen in digitale Sicherheit.
- Kosten: Systeme sind teuer, und der Nutzen ist nicht immer unmittelbar ersichtlich. Dies stellt speziell für kleinere Einrichtungen eine Herausforderung dar.
- Technische Kompetenz und Akzeptanz: Die Akzeptanz neuer Technologien durch Einrichtungen, Anwendende und Pflegebedürftige benötigt Zeit. Pflegekräfte müssen zudem lernen, mit neuen Technologien umzugehen und Prozesse anzupassen.
- Ethik: Der übermäßige Einsatz digitaler Technologien kann zu Isolation und Vereinsamung führen. Zudem muss jede Anwendung mit der betreffenden Person abgestimmt werden, um ihr Recht auf Teilhabe an der Gesellschaft zu wahren.
- Privatsphäre: Die Überwachung von Menschen, insbesondere von solchen mit geistiger Beeinträchtigung, kann die informationelle Selbstbestimmung und Privatsphäre verletzen.
Beispiele: Wie sich Digitalisierung in der Pflege praktisch umsetzen lässt
Videoberatungen und -schulungen
Während viele digitale Technologien noch Neuland sind, haben sich Online-Schulungen und -Beratungen schon in vielen Bereichen etabliert.
Ein Beispiel hierfür ist die Pflegeberatung nach § 7a SGB XI. Beratungen via Videotelefonie erlauben es, Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen, Beratungsgespräche bequem und flexibel von zu Hause aus zu führen.
Auch die Kranken- und Pflegekassen bieten bereits Online-Schulungen für pflegende Angehörige an. Diese Schulungen ermöglichen es, auch ohne große Unterbrechungen der täglichen Pflegeverpflichtungen, sich Pflegewissen anzueignen und mit den anderen Teilnehmenden auszutauschen.
Ebenso wichtig sind digitale Weiterbildungsangebote für Pflegekräfte. Auf digitalen Campi können Pflegekräfte – oftmals zeitlich flexibel – Fachfortbildungen machen und Zertifikate erwerben.
Elektronische Patientenakten
Seit 2021 können gesetzlich und privat Versicherte eine elektronische Patientenakte (ePA) beantragen. Der Vorteil: Die elektronische Akte ist ein zentraler Ort, an dem wichtige Informationen wie Befunde, Diagnosen, Arztbriefe, Medikationspläne, Impfpässe und weiteren Daten gespeichert werden können. Versicherte haben so nicht nur selbst einen umfassenden Überblick, sondern können diese Informationen auch mit Ärzt:innen und Therapeut:innen teilen. So können etwa Mehrfachuntersuchungen vermieden werden.
Ab 2025 soll die elektronische Patientenakte zum Standard werden. Das bedeutet, wer die ePA nicht nutzen möchte, muss aktiv widersprechen. Der Bundestag beschloss zudem, dass – unter Einhaltung des Datenschutzes – Gesundheitsdaten künftig besser für Forschungszwecke bereitgestellt werden sollen.
Digitale Pflegeanwendungen
Digitale Pflegeanwendungen (kurz DiPA) sind Apps und webbasierten Anwendungen, die Pflegebedürftige und ihre Angehörigen unterstützen. Seit 2023 können diese bei der Pflegekasse beantragt werden.
Die Pflegeversicherung übernimmt Kosten für DiPA, die im DiPA-Verzeichnis gelistet sind. Diese Anwendungen sind auf Qualität, Sicherheit und Funktionstauglichkeit geprüft. Der maximale Kostenerstattungsbetrag liegt bei 50 € monatlich.
Pflegedokumentation
Neben der Versorgung der Pflegebedürftigen besteht ein großer Teil der Arbeit als Pflegekraft aus bürokratischen Aufgaben wie Dokumentationen. Mithilfe von Spracherkennung bzw. -steuerung könnten Pflegekräfte künftig durchgeführte Maßnahmen und Beobachtungen per Spracheingabe dokumentieren.
Ein Forschungsprojekt der HFH Hamburger Fern-Hochschule zeigt, dass Spracherkennungs-Software bis zu einem Drittel der Dokumentationszeit einsparen kann.
Pflege-Apps
Pflege-Apps sind vielseitige Hilfsmittel, die sowohl Pflegekräften als auch Arbeitgebern in der Pflege dienen. So können ambulante Pflegedienste ihre Dokumentationen oder Arbeitszeiten mobil erfassen. Integrierte Übergabebücher und smarte Tourenpläne sparen Zeit und erleichtern die Organisation.
Auch Pflegekräfte können mit Apps für ihr Examen üben oder Wissen nachschlagen. Mit der kostenlose Care Rockets-App beispielsweise können sich Pflegende vernetzen und über ihren Pflegealltag austauschen.
Digitale Assistenzsysteme
Digitale Assistenzsysteme in der Pflege sind technologische Hilfsmittel, die Pflegebedürftigen und Pflegekräften durch automatisierte Überwachung, Sicherheitsfeatures und interaktive Unterstützung im (Pflege-) Alltag helfen.
Zu diesen Systemen gehören sensorische Matten im Bett, Hausnotrufsysteme, digitale Medikamentenspender, Rauchmelder mit Herdabschaltung, Trittmatten, GPS-Tracker und Sprachassistenten.
Sie erleichtern die Alltagsbewältigung, indem sie z. B. an Medikamenteneinnahmen erinnern oder Gespräche ermöglichen. Zusätzlich gibt es digitale Spiele für Balance- und Gangtraining sowie Exoskelette, die Pflegekräfte bei körperlichen Tätigkeiten unterstützen.
Telepflege
Telepflege nutzt digitale Technologien im Pflegeprozess für den Austausch von Informationen mit pflegebedürftigen Menschen und Pflegenden. Sie ermöglicht es beispielsweise Pflegekräften, Patient:innen über Videoanrufe, Monitoring-Systeme und andere Online-Tools zu betreuen.
Ein aktuelles Modellprojekt (§ 125a SGB XI) untersucht, inwieweit Telepflege die Pflegebedürftigen, deren Angehörige sowie das Pflegepersonal entlasten und unterstützen können
Zu den erhofften Vorteilen zählen eine verbesserte Zugänglichkeit der Pflege, insbesondere in ländlichen Gebieten (--> Pflege-Recruiting auf dem Land), die Entlastung des Pflegepersonals durch effizientere Prozesse und die Förderung der Selbstständigkeit der Pflegebedürftigen (Studie: IGES Institut).
Roboter
Das Thema Roboter in der Pflege ist mit viel Skepsis und Emotionen verbunden. Die Angst, einem von Roboter gepflegt zu werden, ist groß. Dabei ist unwahrscheinlich, dass Roboter einmal eine 24-Stunden Pflegekraft komplett ablösen kann. Das ist auch nicht die Intention dahinter.
Vielmehr sollen Roboter Pflegekräfte punktuell bei einzelnen Handlungen unterstützen. Daher ist auch eher die Rede von Assistenzrobotern als von Pflegerobotern.
Beispiele sind:
- Reha-Roboter, die bei der Mobilisation unterstützen (z. B. MobiStaR)
- Assistenz beim Drehen und Umlagern
- Entertainment-Roboter wie Pepper können Gymnastikübungen anleiten, Gedächtnispiele leiten und Fremdsprachen übersetzen
- Therapiekatzen wie Robicare zur Aktivierung und Beschäftigung von Menschen mit Demenz
- Assistenz- und Haushaltsroboter wie der Care-O-bot, die Pflegebedürftigen im häuslichen Umfeld unterstützen sollen
In diesem Video testet die Caritas Sozialstation St. Johannes in Erlenbach den Roboter Pepper.
Auch wenn einige Ansätze vielversprechend sind, sind Roboterassistenten bislang noch kaum im Einsatz. Zum einen sind viele Anwendungen noch in der Erprobungsphase. Zum anderen sind Roboter kostspielig.
Augmented Reality Brillen
Augmented-Reality-Technologie zeigt die reale Umgebung, aber es werden virtuelle Objekte, wie Hinweise oder Informationen, eingeblendet. Augmented Reality (AR) Brillen versprechen innovative Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung, Stressreduktion und Qualitätsverbesserung.
Mögliche Anwendungsbeispiele sind:
- Fernunterstützung in Notfällen
- Erkennen von Hygiene- und Behandlungsfehlern
- Aus- und Weiterbildung
- Dokumentation
- Navigation in großen Krankenhäusern
- Rehabilitation
- Patientenakte in Echtzeit
- Infos zu Arbeitsschritten und Besonderheiten der Pflegebedürftigen
- Unterstützung bei der Versorgung chronischer Wunden
- Warn-Assistent in Gefahrensituationen (z. B. bei der Medikamentenvergabe)
Eine Studie der TU Clausthal betont, dass die Anwendung von Datenbrillen je nach Pflegebereich (Krankenhaus, stationäre Altenpflege, ambulante Intensivpflege, Behindertenpflege) unterschiedlich ist. Der Einsatz müsse sorgfältig an die jeweiligen Bedürfnisse von Einrichtungen angepasst werden.
Aktuell hapert der flächendeckende Einsatz von AR-Brillen an der unzureichenden Digitalisierung von Daten. Außerdem sind die gängigen Modelle für den physisch geprägten Pflegealltag noch zu unhandlich.
Virtual Reality
Bei Virtual Reality handelt es sich um eine simulierte Wirklichkeit. Eine spezielle Brille täuscht den Benutzenden eine virtuelle Umgebung vor, die durch Kopfbewegungen in 360 Grad wahrgenommen werden kann.
Virtual Reality ist vielen bereits aus dem Freizeitbereich bekannt, doch auch im Gesundheitswesen gibt es vielversprechende Einsatzmöglichkeiten:
- Virtuelle Ausflüge für bettlägerige Patient:innen: Mithilfe der Virtual Reality können bettlägerige Patient:innen virtuelle Reisen in verschiedene Umgebungen unternehmen. Dies kann von entspannenden Naturlandschaften bis hin zu virtuellen Stadttouren reichen und trägt zur Verbesserung des psychischen Wohlbefindens bei.
- Pflegeausbildung: Realistische Simulationen komplexer Pflegesituationen sind eine revolutionäre Methode in der Pflegeausbildung. Beispielsweise nutzt das Helios Bildungszentrum Wiesbaden VR-Technologie, um angehende Pflegekräfte in einer risikofreien Umgebung auszubilden.
- Ablenkungsmöglichkeit für Kinder: Bei unangenehmen Prozeduren wie Verbandswechseln kann Virtual Reality zur Ablenkung eingesetzt werden. Dies hilft insbesondere jungen Patient:innen, Angst und Stress während der Behandlung zu reduzieren.
- Konfrontationstherapie: Virtual Reality wird auch in der Konfrontationstherapie eingesetzt, z. B. bei Ängsten vor Spinnen, Höhen, Flugzeugen oder sozialen Interaktionen. Durch kontrollierte Exposition in einer sicheren Umgebung können Patient:innen schrittweise ihre Ängste überwinden.
- Operationen bei wach bleibenden Patient:innen: Bei bestimmten chirurgischen Eingriffen, bei denen die betreffende Person wach bleiben muss, kann VR zur Beruhigung und Ablenkung eingesetzt werden.
- Verzerrte Körperwahrnehmung: VR kann genutzt werden, um verzerrte Körperwahrnehmungen zu korrigieren, z. B. bei Patient:innen mit Essstörungen oder Körperdysmorphie.
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Schmerzpatient:innen: Bei Schmerzpatient:innen kann Virtual Reality als Ablenkungstechnik dienen, um Schmerzreize weniger wirksam zu machen. Dies kann eine ergänzende Methode zur Schmerzbehandlung sein und zur Reduzierung von Medikamenten beitragen.
Big Data
Big Data bezeichnet die Sammlung, Verarbeitung und Analyse von extrem großen, komplexen und schnelllebigen Datenmengen aus verschiedenen Quellen (wie der elektronischen Gesundheitskarte, Wearables oder medizinischen Geräten). Diese Daten werden mittels Künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen analysiert. Dies ermöglicht es, Muster zu erkennen und präzisere Vorhersagen über Krankheitsverläufe zu treffen.
Zudem können die so gewonnen Daten zur Forschung beitragen und Arbeitsabläufe optimieren. Gleichzeitig bringt der Umgang mit sensiblen Gesundheitsdaten Herausforderungen in puncto Datenschutz und Datensicherheit mit sich.
Ein Beispiel für den Einsatz von Big Data im Gesundheitswesen ist die Datenerhebung der Corona-Datenspende-App. Mehr als 540.000 Menschen gaben ihre Zustimmung dafür, dass Daten zum Ruhepuls, der täglichen Schrittanzahl und Schlafdauer mit dem Robert Koch-Institut geteilt werden. Mit den aus den Wearables gewonnenen Daten konnten nicht nur Hinweise auf Symptome gewonnen werden, sondern auch die Ausbreitung des Coronavirus besser erfasst und verstanden werden.
Digitales Recruiting
Digitales Recruiting revolutioniert die Art und Weise, wie Unternehmen Pflegepersonal finden. Mithilfe von Social Recruiting können Arbeitgeber gezielt und effizient mit potenziellen Mitarbeitenden in Kontakt treten. Diese digitale Recruiting-Technologie ermöglichen eine schnellere, transparentere und oft kosteneffizientere Personalbeschaffung.
Digitales Recruiting mit Care Rockets
Bei Care Rockets bewerben sich Arbeitgeber bei Pflegekräften. Dies ermöglicht nicht nur eine aktive Rolle im Recruiting einzunehmen, sondern auch latent-wechselwillige Pflegekräfte – d. h. jene, die nicht aktiv auf Jobsuche sind – zu erreichen.
Mit unserem kostenlosen Unternehmensprofil erstellen Sie einen Eintrag in unserer Arbeitgebersuche. In Ihrem Profil können Sie mit Fotos und Videos Einblicke in Ihr Unternehmen geben, Ihre Benefits präsentieren und unbegrenzt Stellenanzeigen erstellen. Pflegekräfte können sich unkompliziert über den 1-Klick-Mechanismus bei Ihrem Unternehmen bewerben.
Zusätzlich erhalten Sie von uns monatlich fünf kostenlose Direktnachrichten, mit denen Sie Ihren Wunschkandidat:innen proaktiv eine personalisierte Anfrage auf ihr Smartphone senden können.
Pflege 4.0: der Status quo der deutschen Pflegelandschaft
Der Vergleich zu anderen Branchen zeigt: im Vergleich zu anderen Branchen ist die Pflegebranche im digitalen Bereich eher Schlusslicht (Broschüre Offensive gesund pflege). Allerdings ist ein solcher branchenübergreifender Vergleich wenig zielführend, da Voraussetzungen und Möglichkeiten in sozialen Branchen stark unterscheiden.
Ein Blick auf andere Länder zeigt aber: international hängt die deutsche Pflegebranche zurück (IGES Institut GmbH). Als Gründe hierfür gelten das Fehlen einer übergeordneten Strategie sowie finanzieller Anreize und vergleichsweise strenge Datenschutzbestimmungen.
Politische Rahmenbedingungen für die Digitalisierung in der Pflege
Auf Seiten der Politik ist deutlich erkennbar: Der Gesetzgeber sieht in der Digitalisierung einen wichtigen Baustein, um die Herausforderungen in der Pflege zu meistern. Digitale Technologien sollen künftig dazu beitragen, Pflegekräfte zu entlasten, die Attraktivität des Berufs zu steigern und Arbeitsabläufe effizienter zu gestalten.
So ist die Aufwertung des Pflegeberufs durch innovative Versorgungsansätze und Digitalisierung eines der Hauptziele der Konzertierten Aktion Pflege. Auch weitere Maßnahmen wie das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG)[2019], Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz (DVPMG, Juni 2021) und die Förderung von Studien sollen die Digitalisierung vorantreiben.
Ein Blick in die Einrichtungen zeigt sich aber eine Diskrepanz zwischen den politischen Ankündigungen und der wahrgenommenen Realität in der Pflege. So sind 92 % der Betriebs- und Personarät:innen der Meinung, dass sich die Arbeitsbedingungen nicht verbessert haben, obwohl der Staat einen Rahmen für digitale Anwendungen geschaffen hat (quelle).
Nur ein Drittel der Befragten glaubt, dass staatliche Initiativen die Digitalisierung in der Pflege beschleunigen. Vielerorts hapert es an den Grundlagen, wie einem leistungsfähigen Mobilfunknetz oder einem flächendeckenden Breitbandnetz – insbesondere im ländlichen Raum.
Das Bündnis „Digitalisierung in der Pflege" betont die Notwendigkeit langfristiger finanzieller Unterstützung für Digitalisierungsprojekte im Pflegebereich. Die aktuellen Gesetze seien gute Ansätze, aber nicht ausreichend. Es fehle eine nachhaltige Finanzierung, die Personalkosten, Wartungen, fortlaufende Schulungen und technische Upgrades einschließt.
Der Bundesverband Gesundheits-IT bvitg e. V. fordert die Einrichtung eines neutralen Kompetenzzentrums, um die Digitalisierung in der Pflege voranzutreiben. Das Ziel ist, standardisierte Prozesse und bessere Zusammenarbeit in digitalen Gesundheitslösungen zu schaffen.
Akzeptanz durch Pflegende
Kritisch für den erfolgreichen Einsatz von digitalen Technologien ist deren Akzeptanz durch die Anwendenden – die Pflegenden. Wenn man Pflegekräfte fragt, warum sie sich für ihren Beruf entschieden haben (→ Motivation in der Pflege), ist eine häufige Antwort: der Kontakt mit Menschen.
Dementsprechend skeptisch sind viele Pflegenden, insbesondere was den Einsatz von Robotern angeht. Gleichzeitig gibt es aber auch eine große Neugier. Eine nicht repräsentative Umfrage der Offensive Gesund Pflege bestätigt, dass Pflegekräfte zwar grundsätzlich offen für digitale Technologien sind, aber Bedenken hinsichtlich der Beziehungsqualität und einer möglichen Zunahme der Arbeitsbelastung haben.
Laut der Studie sind 87 % der Pflegenden moderner Technik gegenüber aufgeschlossen. 71 % glauben daran, dass deren Einsatz die Sicherheit und Gesundheit von Pflegebedürftigen verbessert. Knapp ein Viertel (27 %) sieht großes Potenzial, um den Personalmangel in der Pflege zu begegnen. Während die befragten Pflegekräfte die elektronische Dokumentation als sehr wahrscheinlich (91 %) für ihren Bereich sehen, glauben nur 15 % an den Einsatz von Robotik.
Die Ergebnisse betonen, wie wichtig ist es, das Pflegepersonal mit ins Boot zu holen. Schulungen, Bedenken ernst nehmen und transparente Informationen tragen dazu bei, digitale Pflegeanwendungen im Berufsalltag zu integrieren.
Fazit
Im Kontext der Digitalisierung im Pflegebereich stehen viele Einrichtungen noch am Anfang. Dabei können neue Technologien eine deutliche Entlastung für das Pflegepersonal bieten können.
Ein sinnvoller Ansatz ist der Beginn mit kleinen Pilotprojekten auf einzelnen Stationen, bevor diese auf weitere Bereiche ausgeweitet werden. Bei der Einführung neuer Technologien ist es wichtig, diese sorgfältig abzuwägen und mit den pflegebedürftigen Personen abzustimmen.
Fragen, die Sie sich dabei stellen können, sind:
- Ist die digitale Unterstützung notwendig und bietet sie einen Nutzen?
- Unterstützt das Produkt die Selbstbestimmung und Selbstständigkeit der pflegebedürftigen Person?
- Wiegen die Vorteile für Pflegende mögliche Einschränkungen der Rechte der Pflegebedürftigen auf?